Geschlossene Venerologische Stationen in der DDR

Geschlossene Venerologische Stationen in der DDR

17/2018 Datum 04.05.2018

Prof. Dr. Florian Steger über Traumatisierung durch politisierte Medizin

In den im Volksmund der DDR herablassend genannten „Tripperburgen“ landeten zwischen 1961 und 1989 tausende Frauen und Mädchen, deren Lebensstil nicht DDR-konform war. Weniger als ein Drittel der Zwangseingewiesenen litt tatsächlich an einer Geschlechtskrankheit. Der Großteil der Eingewiesenen wurde aufgrund von „Herumtreiberei“ oder „Arbeitsbummelei“ weggesperrt, manche auch schlicht wegen Westkontakten. Am 8. Mai 2018 referiert der Medizinethiker und Historiker Professor Dr. Florian Steger über das staatliche Unrecht in den geschlossenen Venerologischen Stationen der DDR.

Wie Steger, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universität Ulm, in seiner Studie Traumatisierung durch politisierte Medizin. Geschlossene Venerologische Stationen in der DDR (Koautor Maximilian Schochow) zeigen konnte, führte die Zwangseinweisung, die medizinische Kontrollbehandlung und der Aufenthalt in den Stationen zu Traumatisierungen der Frauen und Mädchen.

Ohne Aufklärung und Einwilligung wurde in die körperliche und seelische Integrität der Frauen eingegriffen. Sie mussten oft täglich eine gynäkologische Untersuchung über sich ergehen lassen, mussten teilweise Arbeiten verrichten oder wurden von der Außenwelt isoliert. Ziel der Unterbringung war eine Disziplinierung zu einer „Sozialistischen Persönlichkeit“, aber auch die Abschöpfung von Informationen für die Staatssicherheit.

Für die Rekonstruktion führten die Autoren umfangreiche Archivrecherchen und zahlreiche Interviews mit ehemaligen Zwangseingewiesenen sowie ehemaligen Ärzten, Krankenschwestern und Mitarbeitern durch.

Der Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der diesem Thema bereits in seinem Bericht 2014/2015 ein Kapitel gewidmet hat, wird den Vortrag im Anschluss in den momentanen Stand der DDR-Aufarbeitung einordnen. Die Veranstaltung beginnt um 19:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Vortrag: Traumatisierung durch politisierte Medizin

 

8. Mai ǀ 19:00 Uhr ǀ Hörsaal 2 im Medizinisch Theoretischen Zentrum ǀ Fiedlerstraße 42, Dresden

 

 

Pressekontakt:

Maximilian Heidrich, M.A.

Sachbearbeiter beim Landesbeauftragten

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