Zum Konzept des BStU und Bundesarchivs zur Zukunft der Stasi-Unterlagen

Zum Konzept des BStU und Bundesarchivs zur Zukunft der Stasi-Unterlagen

3/2019 Datum 15.03.2019

Am 13. März 2019 hat der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen dem Bundestag das vom Bundestag in Auftrag gegebene Konzept zur Zukunft der Stasi-Unterlagen übergeben. Es handelt sich dabei um ein gemeinsames Konzept des Bundesbeauftragten und des Bundesarchivs.

Der Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur begrüßt, dass endlich ein Konzept vorliegt, das die am 5. April 2016 dem Bundestag vorgelegten Empfehlungen der Expertenkommission umsetzen soll. Die von der Kommission geforderte und im Konzept beschriebene Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv dient dem dauerhaften Erhalt des Gesamtarchivbestandes der Staatssicherheit. Die im Konzept vorgestellten Überlegungen zur künftigen Sicherung, Rekonstruktion, Digitalisierung und Erschließung der Unterlagen sind sehr wichtig und zu begrüßen. Sie sollten umgehend umgesetzt werden, da der Zustand der Akten kritisch ist.

Leider bleiben im Konzept grundlegende Fragen ungeklärt. So gibt es zwar mehrfach Hinweise, dass der Aktenzugang verbessert werde, jedoch bleibt unklar, welcher rechtliche Rahmen zugrunde gelegt wird. Der spärliche Hinweis, dass für die künftige Nutzung der Akten im Bundesarchiv sowohl StUG als auch Bundesarchivgesetz geändert werden müssten, verdeckt das Ausmaß der zu berücksichtigen Aspekte – angefangen vom Opferschutz bis hin zur Gebührenordnung. Hier wäre eine detaillierte Darlegung der zu bedenkenden Faktoren essentiell wichtig, um eine differenzierte und den komplexen Sachverhalten angemessene Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

Ebenso sparsam ausgeführt ist das Standortkonzept in den Ländern. Der Landesbeauftragte ist mehr als verwundert, dass das vorgelegte Konzept hinter den bereits geschaffenen Tatsachen zurückbleibt. Es suggeriert eine Offenheit in der Standortfrage, die nicht mehr gegeben ist. Im Konzept scheint es, als ob die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für jeden Außenstellenstandort eine Machbarkeitsstudie vorlegen würde. Mit keiner Silbe wird erwähnt, dass sie nur einen Standort pro Bundesland prüft und dass die Frage, welcher Standort als künftiger Archivstandort geprüft wird, bereits entschieden ist. In Sachsen ist dies Leipzig. Wenn Leipzig Archivstandort wird, dann wird die bisher in Dresden, Chemnitz und Leipzig praktizierte Bildungsarbeit künftig nur noch dort stattfinden. Das Transformationskonzept bedeutet für die Region, dass es regionale Aufarbeitung und archivpädagogische politische Bildungsarbeit zum Thema Staatssicherheit nicht mehr an zwölf Standorten, sondern ausschließlich an fünf Archivstandorten geben wird. In Sachsen ist es mit Leipzig ausgerechnet der Ort, der mit Abstand jetzt schon die meisten Angebote zu diesem Thema bereithält. Perspektivisch gesehen werden die Standorte Chemnitz und Dresden auf Dauer keine Existenzgrundlage haben, weil die ihnen im Konzept zugewiesenen Aufgaben auch durch andere Einrichtungen - wie beispielsweise die Landesbeauftragten - übernommen werden können.

Lutz Rathenow dazu:

"Die vorschnelle Fokussierung auf Leipzig als Archivstandort, ohne Chemnitz und Dresden geprüft zu haben, finde ich falsch. Die in Berlin durch Zusammenlegung von Aktenbeständen vorgesehene und zu begrüßende Bündelung von Überlieferungen wird es in Sachsen nicht geben. Im Gegenteil: in Chemnitz und Dresden werden die Überlieferungszusammenhänge auseinandergerissen und damit die Recherchemöglichkeiten verschlechtert. Versteht man den Archivstandort auch als Multiplikator, der die Auseinandersetzung mit dem Thema Stasi in die Gesellschaft hineinträgt, so wäre es wichtig, dort zu agieren, wo es diesbezüglich kein Überangebot, sondern Defizite gibt. Auf Sachsen bezogen wäre das Chemnitz. Sicher würde ein Ja für Chemnitz auch die im Aufbau befindlichen Gedenkstätten Frauenzuchthaus Hoheneck und Kaßberggefängnis befördern. Die herausragende Bedeutung Sachsens spräche aber auch für zwei Archivstandorte. Sonst ergäbe das Konzept eine deutliche Verschlechterung für die DDR-Aufarbeitung in Sachsen mit Rückwirkungen über Sachsen hinaus."

 

Pressekontakt:

Dr. Nancy Aris, Stellvertretende Landesbeauftragte

Unterer Kreuzweg 1 | 01097 Dresden

Tel.: +49 (0)351 493 3702 | Fax: +49 (0)351 451031 3709

Mail to: nancy.aris@slt.sachsen.de | www.landtag.sachsen.de