„Worthaft – Texte politischer Gefangener aus der DDR“ – ein wichtiges Zeugnis in Zeiten weltweiter Freiheitsgefährdung

„Worthaft – Texte politischer Gefangener aus der DDR“ – ein wichtiges Zeugnis in Zeiten weltweiter Freiheitsgefährdung

28/2018 Datum 10.10.2018

Während die Frankfurter Buchmesse ihre als weltgrößte Buchmesse gewohnte Geschäftigkeit entwickelt, fällt Beobachtern auf, dass sie sich im Veranstaltungsprogramm außerhalb ihrer Hallen in diesem Jahr mehr an der Leipziger Buchmesse als einer Messe für Leser orientiert.

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Poesiealbum neu: Worthaft.

Unlängst in Leipzig erschien eine außergewöhnliche Anthologie in der von der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik herausgegebenen Reihe „Poesiealbum neu" – „Worthaft. Texte politischer Gefangener aus der DDR". Ihr Herausgeber Ralph Grüneberger versammelt Unbekannte, neben prominenten Dichtern (Wolf Biermann, Thomas Brasch, Wolfgang Hilbig oder Walter Kempowski), wieder zu entdeckende (Frank-Wolf Matthies, Thomas Erwin) neben Philosophen und Dissidenten (Rudolph Bahro, Jürgen Fuchs). Einige sind heute Medienredakteure (Frank Wolfgang Sonntag, Salli Sallmann) oder sie waren fast aus der Öffentlichkeit verschwunden – wie die Autoren um den Jenaer Arbeitskreis Literatur (Bernd Markowsky, Wolfgang Hinkeldey). Unterschiedlicher können Lebenswege nicht sein - wie der Vergleich zwischen der Lieder-sängerin Bettina Wegner, dem Ex-Landesbeauftragten Siegmar Faust, der Regisseurin Freya Klier und der Künstlerin Gabriele Stötzer zeigt. Kürzlich leider verstorben und mit einem frühen Gedicht vertreten: der Schriftsteller und Romancier Ulrich Schacht. Auch ein Text von dem gerade mit einem Romanprojekt aus dem Nachlass verlegten Weltenbummler und zeitweilige Sekretär des PEN-Klubs der Sinti und Roma Gerhard Bengsch findet sich im Band.

Quicklebendig und als Zeitzeuge jederzeit einladbar: der Leipziger Dichter Andreas Reimann, so wie andere Dichter aus dem Gebiet, das heute den Freistaat Sachsen bildet: Gerald K. Zschorsch, Utz Rachowski, Stephan Krawczyk, Axel Reitel. Der Sächsische Landesbeauftragte förderte das Entstehen des Projektes maßgeblich mit. Lutz Rathenow (auch im Band vertreten): „Eigentlich erstaunlich, dass so ein naheliegendes Thema in der Berührungszone von reiner Literatur und politischer Unterdrückung in der DDR noch nicht zum Buch geworden ist."

Durch das sparsame Aufnehmen von Prosa- und Aktenfragmenten wird der Band auch über den Kreis reiner Lyrikfreunde nutzbar. Der Tradition des Heftes gemäß gibt es historische Fundstücke (Erich Mühsam, Christian F. D. Schubert), ein Gedicht des 1944 verstorbenen sorbischen Dichters Jurij Khĕžka und eines der türkischen Lyrikerin Safiye Can wollen Veranstaltungen mit den Gedichten und Gespräche über das Heft anregen, die für andere Arten der Verfolgung und Inhaftierung von Autoren sensibilisieren.

Poesiealbum neu (Hrsg. Ralph Grüneberger) „Worthaft. Texte politischer Gefangener", edition kunst & dichtung, Leipzig 2018, 7,80 Euro

 

Lutz Rathenow

Sächsischer Landesbeauftragter

Unterer Kreuzweg 1 | 01097 Dresden

Tel.: +49 (0)351 493 3705 | Fax: +49 (0)351 451031 3709

Mail to: maximilian.heidrich@slt.sachsen.de | www.landtag.sachsen.de