Vor 50 Jahren: Protest gegen die Sprengung der Leipziger Universitätskirche

Vor 50 Jahren: Protest gegen die Sprengung der Leipziger Universitätskirche

22/2018 Datum 15.06.2018

Am 20. Juni 1968 geschah in der Leipziger Kongresshalle gegen 20 Uhr laut Stasi-Bericht etwas „Ungeheuerliches“. Ein Plakat entrollte sich scheinbar aus dem Nichts.

„Wir fordern Wiederaufbau“ war vor 50 Jahren plötzlich für 1.800 in- und ausländische Besucher sowie DDR-Minister und Vertreter der Westmedien bei der Abschlussveranstaltung des Bachwettbewerbs über der Kongresshallenbühne zu lesen. Während die DDR-Offiziellen verdutzt schwiegen, applaudierte das Publikum. Mit dem Aufruf protestierten Leipziger Studenten gegen die Kulturbarbarei des SED-Regimes, die sich in der Sprengung der im Krieg unversehrt gebliebenen Leipziger Universitätskirche St. Pauli am 30. Mai 1968 offenbart hatte.

Neben dem Prager Frühling, der für viele ein Hoffnungszeichen war, schien der Leipziger Protest gegen die Kirchensprengung Jahre nach dem Mauerbau – Jahre, in denen es kaum öffentlich wahrnehmbaren Protest gegeben hatte – wie ein Lichtblick, dass sich endlich wieder Ablehnung und Widerstand gegen das übermächtig scheinende System zu regen begann.

Stefan Welzk, einer der Hauptakteure des Kirchenprotests, hat sich auf Spurensuche begeben und mit seinem Buch „Leipzig 1968. Unser Protest gegen die Kirchensprengung und seine Folgen“ ein bedeutendes Erinnerungsstück in der Schriftenreihe des Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vorgelegt. Welzk berichtet in seinem Buch nicht nur über die Protestaktion und deren Akteure. Er folgt vielmehr den sehr aufschlussreichen Lebenswegen der Protagonisten und bietet somit einen Blick auf verschiedene Biografien, die sich im Jugendalter im subkulturellen Milieu überschnitten und später voneinander entfernten. Allen Lebensgeschichten sind die Sehnsucht nach Freiheit und ein wacher, widerständiger Geist eigen. Wie diese Lebenshaltung und die DDR-Prägung sich später im bundesdeutschen Alltag niederschlugen, welche Möglichkeiten und Grenzen es gab, zeigt Welzk auf spannende Weise.

„Mut, Klugheit und eine ordentliche Portion Chuzpe fanden hier zu einer Handlungsintelligenz zusammen, die den Protest gegen die Kirchensprengung auch über Leipzig hinaus zu einem Datum der deutschen Widerstandsgeschichte werden lässt“, so der Sächsische Landesbeauftragte Lutz Rathenow. Rathenow begrüßt zudem, dass durch die neue digitale Zugangsform auch ein Anreiz für die jüngere Generation geschaffen wird, sich mit den Geschichten junger Menschen in einer vergangenen, aber immer noch nachwirkenden Zeit auseinanderzusetzen.

Fünfzig Jahre nach der Protestaktion hat die Evangelische Verlagsanstalt neben der weiterhin erhältlichen Printausgabe das Werk als E-Book herausgebracht. Es ist für 7,49 € im Online-Buchhandel erhältlich.

 

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Maximilian Heidrich, M.A.

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