In ihm waren jene aktiv, die im Sowjetischen Speziallager Nr. 4, im Bautzner „Gelben Elend“, jahrelang hinter Gitter saßen. In die Freiheit gelangt, gründeten sie den Kreis, um die westdeutsche Öffentlichkeit über das Unrecht in der Sowjetischen Besatzungszone und der frühen DDR aufzuklären. 58 Jahre lang traf sich der Arbeitskreis, pflegte enge Kontakte und wirkte ins politische und kommunale Leben hinein, damit die Zeit nach 1945 nicht in Vergessenheit gerät. Die vorliegende Chronik legt ein beredtes Zeugnis davon ab. Sie hält die jährlichen Treffen von 1988 bis 2016 fest und zeigt, unterstützt durch Fotos und Originaldokumente, das Wirken des Kreises.
Zusammengetragen hat die Chronik der Dresdner Johannes Oesterhelt. Er selbst wurde 1948 verhaftet, weil er Informationen über sowjetische Militärbewegungen an einen alten Fliegerkameraden weitergegeben hatte, ohne zu wissen, dass dieser für den britischen Geheimdienst arbeitete. Nach der Verurteilung zu 25 Jahren Haft durch ein Sowjetisches Militärtribunal kam er über das Speziallager Sachsenhausen in den Gulag Inta, nördlich des Polarkreises. Nach Stalins Tod gehörte er zu den Ersten, die das Lager verließen. Jedoch nicht in Richtung Heimat, sondern nach Sibirien. 1956 wurde er in die DDR entlassen, doch nicht in die Freiheit, sondern nach Bautzen, später nach Brandenburg-Görden. Erst 1960 kam er nach 13 Jahren Haft frei.
Neben seiner Mitarbeit im Bautzen-Komitee engagierte sich Johannes Oesterhelt vor allem im Arbeitskreis für ehemalige politische Häftlinge in der früheren DDR. Nach dem Tod Werner Heinzes, der jahrzehntelang den Vorsitz des Arbeitskreises innehatte und die jährlichen Treffen organisierte, übernahm Johannes Oesterhelt diese Aufgabe. Eine Herzensangelegenheit war es ihm, das Wirken des Arbeitskreises dokumentiert zu wissen. Und so arbeitete er in seinen letzten Lebensjahren unermüdlich an der Zusammenstellung dieser Chronik. Sie kann als sein Vermächtnis betrachtet werden, denn kurz nach ihrer Fertigstellung verstarb Johannes Oesterhelt.
Lutz Rathenow, der Sächsische Landesbeauftragte, erklärt dazu:
„Johannes Oesterhelt war jemand, der eine dramatische Biografie durchlebt hatte und die Aufarbeitung der politischen Verfolgung nach dem Krieg bis zur Gründung der DDR anmahnte. Durch seine konzentrierten und klugen Denkanstöße sorgte er auch bei den Arbeitstreffen beim Landesbeauftragten dafür, dass die Verfolgungsereignisse der Nachkriegszeit nicht vergessen wurden. Ohne sie ist das Entstehen und die Entwicklung der SED-Diktatur nicht zu begreifen.“
Die Chronik kann über die Dienststelle des Landesbeauftragten kostenfrei angefordert werden.