Sächsische Landesbeauftragte trauert um Günter Gasch

5/2023 Datum 24.03.2023

Am 19. März 2023 verstarb Günter Gasch im Alter von 94 Jahren in Dresden.

Günter Gasch war einer von jenen ca. 5.000 Häftlingen, die mit den so genannten Pelzmützentransporten 1947 aus den sowjetischen Speziallagern in die Sowjetunion zur Zwangsarbeit in den GULAG deportiert wurden. Zuvor war Günter Gasch im Mai 1946 verhaftet worden und wurde wahrscheinlich aufgrund seiner Tätigkeit bei der Hitlerjugend ohne Gerichtsurteil im Speziallager Mühlberg interniert. Günter Gasch erlebte dort, wie auch im Lager in Sibirien, unvorstellbare Haftbedingungen. Allein die Fahrt nach Anscherka im fast unbeheizten Viehwaggon dauerte 33 Tage. Die Arbeit bei minus 50 Grad und bei spärlicher Nahrung ist schwer. 1948 darf Günter Gasch das erste Mal nach Hause schreiben. Zwei Jahre nach seiner Verhaftung erfahren die Eltern, dass ihr Sohn noch lebt. Günter Gasch hat im Lager immer wieder gesundheitliche Rückschläge, erlebt einen Arbeitsunfall, kommt ins Krankenhaus. Aber er überlebt das Lager und kehrt Ende 1949 in seine Heimat zurück.

Nach seiner Rückkehr macht er da weiter, wo er herausgerissen wurde. Er schließt seine Lehre ab, gründet eine Familie und führt ein zufriedenes Leben.

Die Haftzeit holt ihn 1990 ein, denn am 1. September 1990 findet das erste Treffen der ehemaligen Häftlinge im Lager Mühlberg statt, zu dem er eingeladen wird. Günter Gasch engagierte sich seitdem für die Aufarbeitung und die Erinnerung an jene Zeit. Er besuchte die jährlich stattfindenden Pelzmützentreffen, kam zu unseren Arbeitstreffen und sprach in Schulen über seine Erfahrungen.

Mit Günter Gasch pflegte unsere Behörde und ich persönlich einen engen Kontakt. Ich habe Günter Gasch viele Jahre gekannt, war mit ihm in Schulen unterwegs. Es war erstaunlich, dass es in seinen Schilderungen bis zuletzt immer Neues zu entdecken gab, weil Günter Gasch sein eigenes Schicksal immer wieder aus neuen Blickwinkeln betrachtete und zu unterschiedlichen Bewertungen kam. Ich mochte seine tiefgründige Art, seine Ernsthaftigkeit, die aber nie in Verbissenheit umschlug. Günter Gasch schaute nie mit Groll auf seine entbehrungsreiche Zeit zurück. Er hatte eine sehr freundliche Art und vertrat eine stille, auf Aussöhnung gerichtete Lebensweise. Dies hat mir immer imponiert. Wir alle werden Günter Gasch sehr vermissen.

Pressekontakt:
Dr. Nancy Aris
Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Tel.: +49 (0)351 493 3700
E-Mail: nancy.aris@slt.sachsen.de