Landesbeauftragte erinnert an Annerose Matz-Donath

09/2022 Datum 31.08.2022

Am Samstag verstarb Annerose Matz-Donath einen Tag vor ihrem 99. Geburtstag. Annerose Matz-Donath war fast zwölf Jahre ihres Lebens in politischer Haft. Sie war überzeugte Liberaldemokratin, die sich der Freiheit und Demokratie verschrieben hatte und nach ihrer Haft einen wichtigen Beitrag für die Aufarbeitung von kommunistischem Unrecht geleistet hat.

Annerose Matz-Donath wurde in Leipzig geboren, studierte dort Germanistik, Geschichte und Soziologie. Ohne Studienabschluss wollte sie nach dem Krieg als Journalistin am Aufbau eines demokratischen neuen Deutschland aktiv mitwirken. Sie stieg als Volontärin bei der Liberal-Demokratischen Zeitung ein, wo sie bald stellvertretenden Chefredakteurin wurde. Sie war für das Ressort Politik verantwortlich und zu ihren Aufgaben gehörte es, mit den Zensuroffizieren der Sowjetischen Militäradministration, die jede Zeitungsausgabe kontrollierten, Kontakt zu pflegen. Matz-Donath verstand schnell, dass die Zeitung der Liberaldemokraten nur als demokratisches „Feigenblatt“ diente. Dennoch hoffte sie, zwischen den Zeilen Inhalte vermitteln zu können und die journalistische Stimme der Liberalen zu sein. Ihre oppositionelle Haltung gegenüber der SED fiel jedoch auf und sie wurde Anfang 1948 entlassen. Bereits vorher hatte sie sich entschieden, politisch aktiv zu werden und die Amerikaner mit Informationen zu versorgen. Wenig später wurde sie von der sowjetischen Geheimpolizei verhaftet. Nach Monaten unmenschlicher Haftbedingungen und Folter wurde sie im Oktober 1948 von einem Sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt. Sie durchlief verschiedene Haftanstalten, war in Halle, im Speziallager Sachsenhausen und Bautzen. Im Sommer 1950 kam sie ins Frauenzuchthaus Hoheneck. Als die inhaftierten Frauen im Oktober 1953 einen Hungerstreik machten, galt sie als „Rädelsführerin“ und kam ins Gefängnis Brandenburg-Görden. Trotz verschiedener Amnestien blieb sie fast zwölf Jahre lang in Haft. Nach ihrer Entlassung flüchtete sie in den Westen, wo sie studierte und viele Jahre in leitender Funktion im politischen Programmbereich der Deutschen Welle tätig war, bis sie die in der Haft erlittenen Gesundheitsschäden in die Frühpensionierung zwangen.

Kurz nach ihrer Freilassung begann Annerose Matz-Donath, das Erlebte nieder zu schreiben, fand jedoch keinen Verlag. Nach 1990 forschte sie in den geöffneten russischen und deutschen Archiven zum Schicksal verfolgter Frauen in der SBZ und DDR und befragte 130 Zeitzeuginnen. Sie wollte den Opfern eine Stimme geben und das Leid der sowjetischen Speziallager, zu dem es kaum Fotos gab, in die öffentliche Wahrnehmung holen. Sie engagierte sich in Opferverbänden, trat als Referentin auf und half anderen bei deren Rehabilitationsanträgen. 1993 wurde sie von der Militär-Staatsanwaltschaft in Moskau rehabilitiert. Ihr Buch „Die Spur der Roten Sphinx – deutsche Frauen vor sowjetischen Militärtribunalen“, das im Jahr 2000 erschien, war die erste Publikation, die sich ausschließlich mit dem Thema „Frauen in politischer Haft“ auseinandersetzte.

“Mit Annerose Matz-Donath verlieren wir eine wichtige Stimme der Aufarbeitung kommunistischen Unrechts und die älteste in Hoheneck Inhaftierte. Zeit ihres Lebens wartete Annerose Matz-Donath auf die Eröffnung der Gedenkstätte Frauenzuchthaus Hoheneck. Wenn dies bis zu ihrem 100. Geburtstag gelänge, wäre es ein gutes Signal”, so Dr. Nancy Aris.

 

Pressekontakt:
Dr. Nancy Aris
Sächsische Landesbeauftragte
Tel.: +49 (0)351 493 3700
E-Mail: nancy.aris@slt.sachsen.de